Wahlprogramme 2021 im Sprach-Check
DDW Die Deutsche Wirtschaft hat die Wahlprogramme aller im Bundestag vertretenen Parteien einer professionellen linguistischen Analyse unterzogen. Das Ergebnis ist ebenso überraschend wie frappierend.
Eingesetzt wurde ein softwaregestütztes Tool, wie es von großen Unternehmen in ihrer Kommunikation genutzt wird. Das Ergebnis ist ernüchternd: „Die Parteien schreiben noch immer im Kanzleistil und frönen dem Schwall-Deutsch“, sagen die beiden Sprachexperten Armin Reins und Geza Czopf, nachdem sie die Programme der sechs größten Parteien mit einer von ihnen entwickelten Analyse-Software untersucht haben. Die Kommunikations-Fachleute beraten u.a. Vodafone, Nivea und die Volksbank in Sprachthemen. Die Buchautoren (u.a. „Deutsch für Inländer“ und „Corporate Language“) bemängeln in den Parteiprogrammen vor allem Bandwurmsätze, Substantivismus und lebensfremden Polit-Jargon.
Das überraschende Ergebnis: Die sich selbst sicherlich progressiv sehenden Grünen landen in puncto Verständlichkeit auf dem vorletzten Platz. Damit liegen sie knapp hinter der AfD und nur einen Platz vor dem Letzten: Ausgerechnet die CDU/CSU trägt die rote Laterne.
Heraussticht die FDP. „Die Liberalen überraschen mit einer erfrischend-lebendigen Sprache. Sie kommen den Lesegewohnheiten der ungeduldigen Digital Natives am ehesten entgegen“, betonen Reins und Czopf. Aber auch hier ist noch Luft nach oben. Auf Rang2 nach Verständlichkeit des Wahlprogramms liegt Die Linke, die SPD belegt den dritten Rang.
Generell ist bei allen Parteien zu beobachten, dass sie auf der Einleitungs- und Imageebene auf eine verständlichere Sprache zurückgreifen als in den unteren Ebenen, wo es um konkrete Inhalte geht. Sobald die Botschaften in den Wahlprogrammen komplexer werden, wird es auch die Sprache. Zudem heißt verständlicher nicht immer auch aussagekräftiger. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich viele der Sätze als Phrasen und Leerformeln.
Untersucht wurde auch, inwieweit die Sprache in den Wahlprogrammen zum Markenkern der Parteien passt. Besonders auffällig: Die vielfach von den Grünen versprochene Barrierefreiheit findet gerade bei ihnen nicht statt. Sätze wie „Ein*e unabhängige*r Bundestierschutzbeauftragte*r sollen Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte wahrnehmen“ finden sich auf den 272 Seiten zuhauf.
Noch eine Bemerkung zum Streitpunkt der Stunde, der geschlechtergerechten Sprache. SPD, Grüne und Linke haben erwartungsgemäß die Gender-Schreibweise eingesetzt. Alle drei entschieden sich für das Sternchen. Am konsequentesten zog es Die Linke durch, die sogar von „Dän*innen“ schreibt. Müsste es dann konsequenterweise nicht auch die Deutsch*innen heißen? CDU/CSU sowie FDP wählen den weniger streitbaren Weg und schreiben männliche und weibliche Formen aus. Wenig überraschend setzt die AfD ausschließlich auf das generische Maskulinum, da sie auch in ihrem Wahlprogramm entschieden der Gender-Wissenschaft entgegentritt.
Die Detailanalyse zu den Wahlprogrammen findet sich auf DDW.
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