– Jede zweite Non-Profit-Organisation sieht Digitalisierung als große oder sehr große Herausforderung
– Nur 14 Prozent der NPOs bilden ihre Mitarbeiter zu IT- und Digitalisierungsthemen weiter
– Erfüllung des sozialen Auftrags leidet unter mangelnder Digitalisierung
München, 24. April 2020 – Welches Potenzial birgt die Digitalisierung in Vereinen, Verbänden und Stiftungen? Können Non-Profit-Organisationen (NPOs) ihren sozialen Auftrag besser erfüllen, je höher ihr digitaler Reifegrad ist? Diese und andere Fragen klärt der DIGITAL-REPORT 2020, der heute von „Haus des Stiftens“ veröffentlicht wird. Mit 5.000 befragten NPOs ist er die aktuell größte Erhebung in Deutschland zur Digitalisierung im gemeinnützigen Sektor. Gefördert wird der Report vom Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat.
Jeder dritte Deutsche ist in mindestens einem Verein organisiert und somit vom digitalen Status quo im gemeinnützigen Sektor direkt betroffen. Mitglieder von Vereinen, Verbänden oder Stiftungen müssen heute digitale Kompetenzen zeigen und mit modernen digitalen Arbeitsmitteln agieren. Umgekehrt sind Non-Profits auf vorhandene Kompetenzen ihrer Mitglieder angewiesen, um ihre interne IT zu organisieren. Insbesondere Krisensituationen wie die Corona-Pandemie zeigen, wie wichtig ein starker gemeinnütziger Sektor ist. Denn: Hilfsorganisationen und soziale Einrichtungen wie etwa die Caritas oder das Rote Kreuz müssen sich auf funktionierende digitale Strukturen verlassen können, um ihren sozialen Auftrag zu erfüllen.
Digitalisierung von NPOs wird als große Herausforderung wahrgenommen
Wie der DIGITAL-REPORT 2020 zeigt, ist diese Aufgabe aktuell ehrenamtlich dominiert: 40 Prozent der befragten NPOs verlassen sich für die Organisation ihrer IT auf ehrenamtliche, 19 Prozent auf hauptamtliche Mitarbeiter. 18 Prozent der befragten Organisationen haben einen externen Dienstleister zur Verfügung. In jeder fünften NPO (22 Prozent) gibt es überhaupt keinen Verantwortlichen für dieses Thema. Kombiniert mit der Tatsache, dass jede zweite befragte Organisation die Digitalisierung als große bis sehr große Herausforderung einschätzt, deutet dies darauf hin, dass NPOs aktuell mit dem Thema überfordert sind.
Am meisten Schwierigkeiten bereitet die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben, wie etwa die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). 65 Prozent bezeichnen diese Aufgabe als große Herausforderung. Auf Platz zwei (59 Prozent) steht das Aufbringen erforderlicher Ressourcen, mit welchen weiter in die Digitalisierung investiert werden kann. Mit 53 Prozent ist die Zunahme der relevanten Kommunikationskanäle die drittgrößte Herausforderung.
Weiterbildungen und Schulungen werden vernachlässigt
Nur 14 von 100 der befragten Organisationen sehen sich hinsichtlich Wissen und Ressourcen für die Digitalisierung gerüstet. Gleichzeitig geben nur rund 14 Prozent der Studienteilnehmer an, ihre Mitarbeiter zu Themen der IT und Digitalisierung weiterzubilden. Vorhandene finanzielle Mittel werden überwiegend in Soft- und Hardware investiert. Die Mehrheit der befragten NPOs plant, keinerlei Gelder in IT-Personal (68 Prozent), IT-Schulungen (49 Prozent) oder die Auslagerung für IT (69 Prozent) zu investieren.
Gradmesser für effiziente Nutzung von Ressourcen und Investitionen
Damit NPOs ihren digitalen Reifegrad ermitteln können, stellen die Initiatoren des DIGITAL-REPORT 2020 unter www.digital-report.org einen digitalen Schnellcheck zur Verfügung. Der digitale Reifegrad ist Maß dafür, inwiefern NPOs über das erforderliche Bewusstsein und Wissen sowie die Fähigkeiten, Infrastruktur und Ressourcen verfügen, um sich erfolgreich digitalisieren zu können. Anhand des individuellen Ergebnisses wird ein Benchmarking mit ähnlichen Organisationen möglich.
Die Ergebnisse des DIGITAL-REPORT 2020 zeigen, dass der digitale Reifegrad in einem Zusammenhang mit bestimmten Organisationsfähigkeiten steht: Ein hoher Reifegrad steht für eine evidenzbasierte Strategie, eine hohe Innovationskraft und eine intensive Anspruchsgruppenorientierung. Digital reifere NPOs haben zudem einen besseren Zugang zu Ressourcen, etwa in Form von Spenden oder Mitgliedern.
Die Höhe des digitalen Reifegrads ist für NPOs daher einer der Gradmesser dafür, wie erfolgreich sie dabei sind, ihren sozialen Auftrag zu erfüllen.
Wirtschaftskraft des gemeinnützigen Sektors wird unterschätzt
Angewandt auf die mehr als 600.000 NPOs in Deutschland könnte eine digitale Förderung, wie sie aktuell Bildungseinrichtungen durch den DigitalPakt Schule zugutekommt, Großes bewirken. „Der gemeinnützige Sektor wird oft unterschätzt, dabei arbeiten weit mehr als drei Millionen Beschäftigte und damit etwa viermal so viele Personen im gemeinnützigen Sektor wie in der Automobilindustrie“, kommentiert Clemens Frede, Leiter Programmentwicklung und Mitglied der Geschäftsleitung von Haus des Stiftens. „Damit der gemeinnützige Sektor mit der Digitalisierung Schritt halten kann, benötigen Non-Profit-Organisationen einen gleichberechtigten Zugang zu Instrumenten der Digitalisierungs- und Innovationsförderung. Dies ist umso wichtiger, wenn man sich die Bedeutung des Sektors für das Gemeinwohl und die Beschäftigungszahlen vor Augen führt.“
Kinderhaus Atemreich kann mit moderner IT Pflegebedürftige optimal betreuen
Im Kinderhaus Atemreich, einer gemeinnützigen GmbH, ist der Effekt, dass mehr Digitalisierung auch mehr soziales Engagement ermöglicht, bereits spürbar: „Der Einzug diverser technologischer Innovationen in unserem Arbeitsalltag hilft uns sehr dabei, unsere Kräfte wirklich auf die Pflegebedürftigen zu konzentrieren“, sagt Felicitas Hanne, Geschäftsführerinder Kinderhaus Atemreich gGmbH. Über das IT-Portal www.Stifter-helfen.de hat die Organisation Zugang zu einer moderneren IT-Infrastruktur und zu wichtigen Partnern erhalten. Die gemeinnützige Atemreich GmbH bietet Familien mit dauerhaft beatmeten, schwerkranken Kindern ein Zuhause.
Über den DIGITAL-REPORT 2020
Der DIGITAL-REPORT 2020 ist die aktuell größte Erhebung in Deutschland zur Digitalisierung im gemeinnützigen Sektor. Rund 5.000 Non-Profit-Organisationen (Vereine, Verbände, Stiftungen) gaben im November 2019 Auskunft zu ihrem digitalen Status quo. Unter anderem wurden die technische Ausstattung, IT-Kosten und -Investitionen sowie digitale Kompetenzen und Strategien abgefragt. Die Ergebnisse sind interaktiv aufbereitet und über ein Self-Service-Portal öffentlich zugänglich. Im Portal können Non-Profit-Organisationen zudem über einen Schnellcheck ihren digitalen Reifegrad ermitteln und sich mit Organisationen aus ihrer Region oder ganz Deutschland vergleichen.
Der DIGITAL-REPORT 2020 wurde initiiert und herausgegeben von der Haus des Stiftens gGmbH (Projektträger) und gefördert vom Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat. Wissenschaftliche Leitung: Lehrstuhl für Corporate Social Responsibility der Universität Mannheim. Konzeption und Entwicklung Self-Service-Portal: CorrelAid e.V.
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