Technisch und farblich gewagt sind die neuen, dem Computerspiel gewidmeten Werke von Ivana Koubek. Insgesamt drei monumentale, jeweils 3, 5 m hohe Leinwände und dreißig große und kleinere Arbeiten auf Papier nehmen die Hälfte der Ausstellungsfläche ein. Sie stehen nicht nur thematisch, sondern auch durch Verwendung von grellen Neonfarben aus den virtuellen Welten der Computerspiele in vollem Gegensatz zu den Erdtönen ihrer älteren Arbeiten. Nicht ohne Grund widmet sich Koubek in den 2019/2020 entstandenen Werken dem Thema Gaming: Denn mit 60 % Computerspielenden in Deutschland ist das Sujet topaktuell und für jede Generation spannend. Das Hauptaugenmerk dabei liegt auf den Emotionen und Gefühlen beim Computerspielen. Freude, Erfolg, aber auch Angst und Wut, die die Spielerinnen und Spieler beim Computerspielen empfinden, werden zum Leitmotiv. Mit Begeisterung betreten sie die attraktiven Welten der Computerspiele, in denen sich Realität und Virtualität zu einer momentanen Wirklichkeit vereinen.
So sind auf der Leinwand Die Gamecontroller fünf emotional geladene Gesichter der Spielenden zu sehen. Deren Avatare Super Mario, Link, Pokemon-Figuren Pikachu und Sannah sowie der Battle Bus aus Fortnite stehen für die Geschichte des Computerspiels. Der Titel des Bildes nimmt Bezug auf die Komposition der rasterartig gegliederten Bildfläche, welche wiederum die kreuzförmig angeordneten Tasten des Controllers widerspiegelt. Das nächste Bild Höhlengleichnis hingegen zeigt eine moderne Interpretation der berühmten Theorie des griechischen Philosophen Platon. Auf das Computerspiel übertragen stellen die junge begeisterte Gamerin und der nachdenklich wirkende Gamer die Gefangenen in der platonschen Höhle dar. Durch das Spiel gefesselt und mitgerissen betreten sie jedoch bewusst eine virtuelle Welt, die sich während des Spielens in vielen Sinneseindrücken wirklich anfühlt und die reale Welt ersetzt. Schließlich ist die dritte Leinwand LAN-Party unter dem Eindruck eines Besuchs von der Dreamhack in Leipzig entstanden. Die dort gesehenen Neonfarben und Themen finden sich ebenso in den bunten Arbeiten auf Papier. Inspiriert durch World of Warcraft, The Legend of Zelda und Super Mario zeigen sie emotionale Beziehungen zwischen Avataren und Spielenden.
Mit rein bildkünstlerischen Mitteln der Zeichnung und Malerei ist es hier Koubek gelungen, die digitalen Welten der Computerspiele wiederzugeben. Dies unterscheidet sie von vielen Künstlern der Kunstrichtung Game Art, deren Arbeiten überwiegend aus der Technologie des Computerspiels schöpfen und häufig mithilfe des Computers entstehen. Vielmehr richtet sich Koubek an die Spielerinnen und Spieler selbst. Mutige Perspektiven, Diagonalen, kreisende Linien begleitet durch kräftige Pinselstriche verleihen den Werken eine ungewohnte Dynamik und Ausdruckskraft.
Wie für diese Präsentation geschaffen zu sein scheinen die historischen Räumlichkeiten der Städtischen Galerie Leerer Beutel in Regensburg mit ihren 100 m² und mächtigen holzsichtigen Balken. Sie bieten genügend Platz für die monumentalen Leinwände und unterstreichen zudem perfekt die Farbigkeit der Kunstwerke. Neben dem neuen Projekt Computerspiel, das hier zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert wird, sind in der Ausstellung die bekannten Zyklen Faust und Agnes Bernauer zu sehen wie auch eine Vielzahl der Regensburger Altstadt gewidmeten Gemälden. Zu neuen Arbeiten zählen ebenso die Entwürfe für die Porzellanmanufaktur Goebel. Die Ausstellung „Dynamische Facetten“ ist im Leeren Beutel noch bis zum 8. November Dienstags bis Sonntags von 10 bis 16 Uhr zu sehen.
Kunsthistorikerin und Kunstexpertin
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