Sardiniens Küsten sind etliche kleinere Inseln vorgelagert – Orte mit beeindruckender Natur und besonderer Geschichte. An einigen Abenden im Sommer werden La Maddalena & Co zu Festival-Kinos unter mediterranem Sternenhimmel.
Ein Granitbrocken umspült vom blau- und türkisschimmernden Meer. Steil abfallende Klippen und eine feinsandige Landzunge – das sind die Kennzeichen von Tavolara, einer winzigen Insel vor Sardiniens Nordostküste, im Golf von Olbia gelegen. Die Geschichte des Eilands hat ein anekdotisches, beinahe märchenhaftes Kapitel. Anfang des 19. Jahrhunderts hatte sich der Korse Giuseppe Bertoleoni mit seiner Familie auf dem bis dahin unbewohnten Granit-Inselchen niedergelassen. Als eines Tages König Carlo Alberto von Sardinien auf Tavolara an Land ging, lief ihm Paolo, der Sohn des korsischen Siedlers, entgegen und begrüßte den Monarchen mit den Worten: „der König von Tavolara grüßt den König von Sardinien und wünscht ihm einen guten Aufenthalt in seinem Reich.“ Carlo Alberto war amüsiert über den Scherz des Jungen und machte ihm die Insel zum Geschenk. Das kleinste Königreich Europas war geboren – sechs Kilometer lang und einen einzigen Kilometer breit. Über 100 Jahre lang war Tavolara unabhängig und wurde von Paolo Bertoleoni und seinen Nachkommen „regiert“. Seit 1962 gehört die Insel zur heute autonomen Region Sardinen. Ein Teil von Tavolara ist militärisches Sperrgebiet und dient der NATO als Standort für Abhöranlagen. Rund ein Dutzend Bewohner hat die Insel heute noch -allesamt gehören sie zur Familie Bertoleoni. Die Nachfahren der einstigen Inselkönige verdienen ihren Lebensunterhalt als Gastronomen und Bootsführer. Tagesausflügler sind willkommen auf dem Eiland – nur übernachten dürfen Fremde hier nicht.
In jeden Sommer verwandelt sich Tavolara für ein paar Abende in ein Freilichtkino, wie es stimmungsvoller kaum sein könnte. „Una notte in Italia“ – eine Nacht in Italien – nennt sich das Leinwandfestival, das in diesem Jahr vom 13. bis zum 17. Juli auf Tavolara und in nahegelegenen Küstenorten auf Sardinien stattfindet. Den Auftakt im einstigen Fischerdorf San Teodoro macht „La terra delle donne“, (das Land der Frauen“), ein Film von Paola Sini über Frauenleben auf Italiens zweitgrößter Insel. Am 14. Juli präsentiert das Festival im Hafenstädtchen Porto San Paolo „Settembre“ (September) -, einen Film übers Erwachsenwerden aus weiblicher Sicht, Regie-Debüt von Giulia Steigerwalt, US-amerikanische Schauspielerin mit italienischen Wurzeln.
Mit dem Boot ins Freilichtlino
Nach Tavolara werden sich Kinofans am 15., 16. und 17. Juli mit Booten ab Porto San Paolo bringen lassen. Hochkarätiges hält das Festival auch hier bereit. So ist beispielsweise der Filmabend am 16. Juli Silvio Orlando gewidmet. Der Schauspieler wurde in diesem Jahr mit Italiens berühmtestem Filmpreis, dem „David“, ausgezeichnet und ist in seinem jüngsten Film „Aria Ferma“ (stehende Luft) zu sehen. Karten kosten 2 Euro und können unter www.cinemaolbia.it bestellt werden. Weitere Informationen: www.cinematavolara.it
Nicht weit entfernt von Tavolara liegt La Maddalena, Hauptinsel des gleichnamigen Archipels. Attraktionen sind die traumhaften Strände und die hübschen Orte – allen voran das farbenfrohe Städtchen La Maddalena.
Zum Hotspot für Cineasten wird La Maddalena vom 26. bis zum 30 Juli. Unter dem Motto „La valigia dell“Attore“ (der Koffer des Schauspielers“ werden Filmabende dem 1994 verstorbenen Schauspieler Gian Maria Volonte gewidmet, der in Western, aber auch in linkspolitischen Filmen zu sehen war. Weitere Informationen: www.lavaligiadellattore.com
Große Gedanken auf der „Eselinsel“
Asinara, das italienische Alcatraz, war einst Hochsicherheitsgefängnisinsel – ein Ort, an den unter anderem etliche verurteilte Mafia-Bosse verbannt wurden. Heute aber ist Asinara, die rund 50 Quadratkilometer große Insel vor der Nordwestspitze Sardiniens, vor allem wegen ihrer intakten, ursprünglichen Natur bekannt. Tagesausflügler können mit Fährschiffen ab Porto Torres übersetzen. Zur Pilgerstätte für Kino- und Literaturbegeisterte wird Asinara, die „Eselinsel“, vom 18. bis zum 24. Juli 2022, wenn das Festival „Pensieri e Parole“ (Gedanken und Worte) zu inspirierenden Abenden unter mediterranem Sternenhimmel lädt. Das Programm wird in Kürze bekanntgegeben, Informationen: www.festivalasinara.it
Etwa zehn Kilometer vor der sardischen Südwestküste liegt die Insel San Pietro mit dem Städtchen Carloforte, das zu den „Borghi più belli d“Italia, den schönsten kleinen Orten Italiens, gehört. Es gibt etliche Gründe, Carloforte einen Besuch abzustatten – unter anderem kulinarische. Die historische Verbindung zwischen San PPietro und der Küste Nordafrikas spiegelt sich in den lokalen Couscous-Spezialitäten wider. Für alle, die Filmmusik lieben, lohnt es, zwischen dem 19. und dem 24. Juli vorbeizuschauen. Dann lädt Carloforte zum Festival „Creuza de Mà“, bei dem sich Regisseure, Musiker, Tontechniker und Drehbuchautoren ein Stelldichein geben und Mittelmeer-Nächte mit beseelter Musik erfüllen werden. Informationen: www.musicapercinema.it
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