Bedenken bei der Nährwertkennzeichnung
sup.- Wertvolle Verbraucherinformation oder Etikettenschwindel? Die Nährwertkennzeichnung Nutri-Score sorgte schon vor ihrer Einführung in Deutschland für reichlich Diskussionsstoff. Inzwischen nutzen mehrere Lebensmittelhersteller das fünfstufige Bewertungsraster von rot bis grün auf der Vorderseite ihrer Verpackungen, um die Hinweise auf enthaltene Nährwertelemente zu vereinfachen. Gerade in dieser Vereinfachung sehen jedoch zahlreiche Kritiker nach wie vor einen wesentlichen Schwachpunkt des Nutri-Score. Der Einkauf nach Farben, so der Einwand, fördere keineswegs eine gesunde Ernährung, weil das simple Kennzeichnungsmodell eher zu Missverständnissen führen könne. Diese Befürchtung teilt beispielsweise das Max-Rubner-Institut (MRI), eine Forschungseinrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Dort wird auf mögliche Fehlinterpretationen der Ampelfarben hingewiesen, etwa dass man rot gekennzeichnete Produkte nicht essen solle.
Was vielen Verbrauchern nämlich nicht bewusst ist: Die Einstufung in rot oder grün trifft keine Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ bzw. gesunden oder ungesunden Lebensmitteln. Deshalb trägt der Nutri-Score auch nicht zu einer besseren Transparenz beim Einkauf unter Gesundheitsaspekten bei. Als Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel hat das MRI zahlreiche weltweit genutzte Modelle zur Nährwertkennzeichnung unter die Lupe genommen und auf ihre Effizienz überprüft. „Nährwertkennzeichnungsmodelle erleichtern beim Einkauf den Vergleich von Produkten innerhalb derselben Produktgruppen (z. B. Tiefkühlpizzen, Fruchtjoghurts), können aber keine alleinige Orientierung für eine ausgewogene oder gesunde Ernährung sein“, so das eher ernüchternde Fazit: „Das heißt beispielsweise im Fall farblich hinterlegter Modelle, dass eine Ernährung ausschließlich mit „grün“ gekennzeichneten Produkten nicht zwangsläufig ausgewogen oder gut für die Gesundheit sein muss.“ Denn ein grüner Nutri-Score auf einer Pizzaverpackung besagt nur, dass andere, ebenfalls eingestufte Tiefkühlpizzen in ernährungsphysiologischer Hinsicht noch wertloser sind.
Bedenklich ist beispielsweise auch, dass sich durch die Zugabe von Wasser die Score-Bewertung verbessern lässt. Industriell zubereitete Nudeln mit einem höheren Wassergehalt schneiden deshalb „grüner“ ab als Trockenware, die erst noch gekocht werden muss. Ein fragwürdiges Ranking also, das keinen ernährungsbewussten Verbraucher aus der Verantwortung entlassen sollte, die ausführlichen Nährwerttabellen auf der Rückseite von Verpackungen zu beachten. Hier finden sich nämlich tatsächlich hilfreiche Informationen zur wichtigen Balance aus Kalorienaufnahme und Kalorienverbrauch durch Aktivität. Dass diese Balance von wesentlich mehr Faktoren abhängt als von einem einfachen Ampel-Etikett, belegt der Wissenschaftspublizist Detlef Brendel anschaulich in seinem Buch „Schluss mit Essverboten“ ( Plassen-Verlag).
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