Motivation ist das Streben, seine Ziele zu erreichen

Motivation ist das Streben, seine Ziele zu erreichen

Reinhard F. Leiter, Executive Coach München

Autor: Reinhard F. Leiter, Executive Coach München

Jeder, der schon einmal ein Ziel hatte, hat wahrscheinlich auch schnell festgestellt, dass der Wunsch, etwas zu erreichen, allein nicht ausreicht. Es müssen Hindernisse überwunden werden und es bedarf eines Willens, trotz auftretender Schwierigkeiten weiterzumachen. Mit anderen Worten: Wir brauchen die entsprechende Motivation. Denn Motivation ist der Prozess, der zielorientiertes Verhalten initiiert, leitet und aufrechterhält. Motivation ist das, was uns zum Handeln veranlasst.

Motivation umfasst die Beweggründe, die zur Handlungsbereitschaft führen, und das auf emotionaler und neuronaler Aktivität zurückzuführende Streben des Menschen, gesteckte Ziele auch zu erreichen – ungeachtet aller Widrigkeiten. Motivationszustände werden allgemein als Kräfte verstanden, die im Handelnden wirken und eine Disposition zu zielgerichtetem Verhalten erzeugen. Neben der Begierde, etwas zu tun, können auch andere Zustände, wie Glaubenshaltungen darüber, was man tun sollte, oder auch Absichten für Motivation sorgen.

Motivation entsteht aus grundsätzlichen Bedürfnissen
Man unterscheidet dabei zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation. Intrinsische Motivation entsteht aus dem Inneren des Individuums heraus, weil eine bestimmte Aktivität interessant oder angenehm ist. Sie ist nicht an eine erwartete Belohnung, Frist oder an äußeren Druck geknüpft, wie z. B. das Lösen eines komplizierten Kreuzworträtsels nur aus der persönlichen Befriedigung heraus, ein Problem zu lösen. Bei der extrinsischen Motivation ist das Ziel des Handelnden eine externe Belohnung, wie eine Trophäe, Geld, soziale Anerkennung oder Lob. Es herrscht Einigkeit darüber, dass intrinsische Motivation Menschen tendenziell stärker antreibt, da das Ergebnis erfüllender ist.

Nach Abraham H. Maslow, einem der Begründer und wichtigsten Vertreter der humanistischen Psychologie, erklären sich Motive des menschlichen Handelns aus gestuften, grundsätzlichen Bedürfnissen heraus. Seine Motivationstheorie geht dabei von einem ganzheitlichen positiven Menschenbild aus.

Menschliche Verhaltensweisen als konditionierte Reflexe verstehen
Die humanistische Psychologie, die sich in der 1960er-Jahren in den USA neben Verhaltensforschung und Psychoanalyse als dritte Kraft der Psychologie etablierte, kam aufgrund von Tierexperimenten zu der Erkenntnis, dass auch menschliche Verhaltensweisen in Wahrnehmung, Fühlen, Denken und Handeln als konditionierte Reflexe zu verstehen sind, die in der frühen Kindheit angelegt wurden und später durch unspezifische Reize jederzeit wieder ausgelöst werden können. Die Psychoanalyse liefert dazu tiefe und unverzichtbare Einsichten in die menschliche Neigung, in der frühen Kindheit erworbene Beziehungsmuster in die Gegenwart zu übertragen und gegen Veränderungen- auch zum Besseren hin- Widerstand zu leisten.

Abraham H. Maslow, der das eigentlich Menschliche am Menschen erforschte, untersuchte – im Gegensatz zu Sigmund Freud – nicht die Folgen fehlgeleiteter Sozialisierung bzw. Konditionierung, sondern die Eigenart besonders gesunder und in ihrer Menschlichkeit ausgereifter Menschen. Dabei entdeckte er das menschliche Potential, das als genetischer Code seit der Geburt im Menschen angelegt ist.

Der Wunsch nach Beachtung ist die Basis der Motivation
Das menschliche Potential entfaltet sich im Lauf der Entwicklung entsprechend einer Hierarchie der Bedürfnisse. Während die Befriedigung der Grundbedürfnisse das Überleben sichert (Nahrung, Geborgenheit, Schutz) und das Dasein bestätigt (Beachtung), werden die sozialen Bedürfnisse (Zugehörigkeit, Geselligkeit, Anerkennung und Achtung) sowie die Selbstbehauptungsbedürfnisse (Territorium, Fortpflanzung, Rang und Status) ständig aktualisiert. Ein unbefangener Umgang mit diesen Grundbedürfnissen bildet dabei eine gute Basis für die Realisierung der spezifisch menschlichen Neigungen – der Meta-Bedürfnissen – wie Interesse, Anteilnahme, Freude, Wille, Wahrheitsliebe, Präsenz, Ästhetik und Kreativität, Wertschätzung, Wertbildung, Dienstbereitschaft, Hingabe, Autonomie, Sinnfindung bis zum Streben nach Selbsterkenntnis, Selbstbewusstsein und Selbstverwirklichung.

Wer beachtet, wird auch beachtet
Hinsichtlich der Entfaltungsmöglichkeiten des menschlichen Potentials sind die humanistischen Psychologen sehr optimistisch, da sie davon ausgehen, dass der Mensch zum Guten und zu einer lebenslangen Entwicklungsfähigkeit neigt. Aggression unterscheidet sich von Destruktivität durch ihre Leben unterstützende Kraft, die den Menschen befähigt, auf das zuzugehen, was nützt, von dem wegzugehen, was schadet, und gegen das anzugehen, was Integrität bedroht. Der Wunsch, beachtet zu werden, ist ein Grundbedürfnis und somit die Basis der Motivation.

Grundbedürfnisse erkennt man daran, dass wir erkranken oder sterben, wenn sie nicht befriedigt werden. Beachtung und Zugehörigkeit sind solche Grundbedürfnisse. Wenn wir Menschen beachten, kommt Beachtung zurück. Eine Führungsperson sollte daher immer darauf achten, Mitglieder der eigenen Gruppe Außenstehenden vorzuziehen. Denn Zugehörigkeit zu einer Familie oder Gruppe ist ebenfalls ein Grundbedürfnis.

Bedürfnisse entwickeln sich stufenweise
Die wahre Natur des Menschen ist die Menschlichkeit. Das Leben des Menschen ist Teilnahme, bestimmt von der Liebe, in der wir uns selbst und einander in unserer primären Bedürftigkeit ebenso, wie in unserem tiefsten Bedürfnis, uns zum Menschen zu entfalten, erkennen. Fakt ist aber auch, dass der Mensch die Fähigkeit besitzt, seine Talente zu vergeuden, den leichten Weg zu gehen und seine Intelligenz nicht zur Wahrnehmung der wesensgemäßen Eigenart und aktiven Gestaltung eines persönlichen Lebens zu gebrauchen, sondern zur Abwehr fantasierter Gefahren und zur Erfüllung fremdbestimmter Selbstbilder einzusetzen. So gesehen ist das spezifische menschliche Bedürfnis das nach Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung.

In der Hierarchie der Bedürfnisse löst nicht eine Stufe die andere ab. Vielmehr bauen sie aufeinander auf. Die Entfaltung des eigentlichen Menschlichen geschieht aus einem gegebenen Bedürfnis zur Differenzierung umso verlässlicher, je selbstverständlicher die Befriedigung der Primärbedürfnisse auf der vorherigen Stufe ist.

Befriedigung wie Frustration werden emotional geäußert, wobei mit zunehmendem Alter Kompetenz und Selbstvertrauen im emotionalen Ausdruck, der allmählich ökonomischer und differenzierter wird, steigt. Werden im Kindesalter die Erwartungen nicht erfüllt und die entsprechenden Emotionen durch Ablehnung, Missbrauch, Vernachlässigung, Überforderung, Einengung, Unterdrückung oder Zurückweisung beantwortet, lernt ein Kind zunächst den emotionalen Ausdruck, dann jedoch auch die Wahrnehmung des Bedürfnisses und schließlich gar den Bedürfnisimpuls selbst unter Anspannung der entsprechenden Muskulatur zu unterdrücken.

Darsteller benötigen Identifikationsattribute
So lernen wir, das Leben auszuzuhalten, statt es bewegt und teilnahmsvoll zu leben. Diese als konditionierte Reflexe im Körper eingefleischten Abwehrmechanismen werden durch minimale, unspezifische Reize ausgelöst. Sie behindern die Wahrnehmung der Möglichkeiten zum wesensgemäßen Dasein einschließlich der Bedürfnisbefriedigung, der Hinwendung zum anderen und der Dienstleistung am Gemeinwohl. Gemäß dieser in den ersten Lebensjahren geprägten Gewohnheiten, uns auf charakterspezifische Weise zu verhalten, entwickeln wir ein fixiertes Selbstbild (Image), mit dem wir uns identifizieren, das wir als Ich erleben und dem zuliebe wir unsere Natur-Bewusstheit verkennen und unsere Identität verleugnen.

Wir entfalten uns dann nicht zu einem Menschen, der den Widerhall des Menschlichen verkörpert, sondern werden zu einer Persönlichkeit, die etwas darstellt, zu einem Darsteller, der, wie es der argentinische Dichter Luis Borges so schön formuliert, „so tut, als wäre er ein anderer, vor einer Ansammlung von Leuten, die so tun, als hielten sie ihn für jenen anderen.“

Für diese Darstellung benötigen wir eine Vielzahl von Identifikationsattributen wie ein dickes Bankkonto, ein großes Auto, eine gute Wohngegend, eine elegante Wohneinrichtung, eine attraktive Ehefrau, einen erfolgreichen Ehemann, Rang, Status, Einfluss. Beschäftigung ist für viele Menschen dann keine erfüllende Tätigkeit, sondern Arbeit. Ohne diese Beschäftigung fürchten sie, im erzwungenen Ruhestand ihre Daseinsberechtigung zu verlieren. Die Weigerung zur weiteren Entfaltung sorgt dafür, dass die erreichte Stufe überbewertet wird.

Wenn Sachzwänge zur Motivation werden
In ihrer Mitmenschlichkeit frustrierte Menschen werden häufig einseitig zu Persönlichkeiten, deren Arbeit durch Sachzwänge motiviert ist, deren Werte materialistisch sind und, die den Mangel an Selbstsicherheit durch materielle Sicherheiten zu kompensieren versuchen. Sie hinterfragen einen vermeintlich guten Zweck nicht und halten die einseitige Ausrichtung auf die Vermehrung von materiellen Gütern für notwendig, ungeachtet der Tatsache, dass durch ihr Haltung die Not von vielen Mitmenschen vermehrt wird. Sie fühlen sich oft als Rädchen im Getriebe einer anonymen Maschinerie, selbst dann, wenn sie die Drahtzieher sind. Sie spüren die Rhythmen des Lebens nicht mehr. Sie vernachlässigen ihre Beziehungen und versäumen die Teilnahme an der Entwicklung ihrer Kinder sowie ihre eigene.

Mangels eigener innerer Richtung können sie nicht führen oder vorangehen und geraten bei der geringsten Klimaveränderung, sei es an der Börse oder im Unternehmen, aus der Fassung. Sie lassen sich viel gefallen, ohne sich zu wehren. Sie verharren freiwillig in der von ihnen beklagten Lage. Ihnen fehlt der Wille zur beharrlichen Verfolgung ihrer (inneren) Ziele.

Wenn Autonomie mit Eigenmächtigkeit verwechselt wird
Wenn wir im frühkindlichen Entwicklungsstadium durch die Vorstellungen der Eltern gehindert wurden, Freude am Leben zu empfinden, uns für die Wunder des Lebens zu begeistern und Neugier für das Unbekannten zu entwickeln, versagen wir uns dem Auftrag zur Entfaltung unserer Menschlichkeit und verharren auf der animalischen Ebene. Wir horten mehr als wir brauchen, wir erobern mehr als wir verwalten können, wir bilden Gemeinschaften, die zu groß sind, um kulturelle Vielfalt zu ermöglichen.

Wenn wir Autonomie – das angeborene Gesetz der persönlichen Menschwerdung – mit Eigenmächtigkeit verwechseln, brennen wir am Ende brennen aus, sterben einen tragischen, oft fremdbestimmten Tod oder am gebrochenen Herzen. Manche Menschen erinnern sich noch rechtzeitig an Momente in ihrem Leben, in denen sie frei waren von aller Konditionierung und offen für die unendliche Gegenwart. Manche suchen dann Hilfe bei Freunden oder Therapeuten bzw. Coaches, um den eigentlichen menschlichen Fragen nachzugehen: „Wer bin ich, wo komme ich her, wofür bin ich da, wo gehe ich hin.“

Über Reinhard F. Leiter
Reinhard F. Leiter war von 1972 bis 1981 in den Funktionen Leiter Aus- und Weiterbildung und Personalleiter in der Bayer Group tätig. Von 1982 bis 2013 leitete er bei Allianz SE das Zentrale Bildungswesen und war Head of Executive Events. Für diese Unternehmen war er auf allen fünf Kontinenten und in über dreißig Ländern tätig.

Reinhard F. Leiter war Gründungsmitglied des „Arbeitskreises Assessment Center-Führungskräfteauswahl und Entwicklung in DACH“ und jahrelang Vorsitzender dieses Vereins.
Er ist heute certified Coach für Unternehmer ,Senior Leaders und Executive Coach bei SELECTEAM.

Reinhard F. Leiter publiziert regelmäßig.

Neu erschienen sind :

„Global Coaching Excellence? A holistic approach“, Windmühle-Verlag, ISBN 978-3-86451-060-1 gemeinsam mit Dr. Werner Krings.

Reinhard F.Leiter, „Presentation Excellence – A holistic approach“, Windmühle-Verlag, ISBN 978-3-86451-039-7

Reinhard F. Leiter, „Quality Standards of Presentation Excellence“, www.reinhardfleiter.com
Professional Certificate in Coaching (PCIC) / Foundation in Coaching: Henley Business School at University of Reading GB: Certified

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