VfGH hob erneut Teile der Covid-19-Verordnungen auf
Zur Bewältigung der Folgen von COVID-19 im Schulwesen wurde in der Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung zur Bewältigung der COVID-19-Folgen im Schulwesen für die Schuljahre 2019/20 und 2020/21 (BGBl II Nr 208/2020) angeordnet, dass die Schulklassen in zwei Gruppen geteilt und abwechselnd im Präsenzunterricht in der Schule unterrichtet werden. Darüber hinaus wurde vorgeschrieben, dass alle Personen im Schulgebäude, ausgenommen in der Unterrichtszeit, eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung tragen müssen.
Gegen diese Bestimmungen der COVID-19-Schulverordnung riefen zwei schulpflichtige Kinder, welche die Neue Mittelschule St. Peter am Kammersberg besuchten, und deren Eltern den Verfassungsgerichtshof an. Sie machten geltend, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen den Gleichheitsgrundsatz, das Recht auf Privatleben und das Recht auf Bildung verstoßen.
Mit Erkenntnis vom 10.12.2020 (V 436/2020-15) sprach der VfGH aus, dass die angefochtenen Bestimmungen gesetzwidrig sind. Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung konnte trotz entsprechender Aufforderung dem VfGH keine Akten betreffend das Zustandekommen der Verordnung vor- und dadurch nachvollziehbar darlegen, weshalb er die angefochtenen Maßnahmen für erforderlich hielt. Hierzu führte der VfGH auszusweise aus:
„Überlässt der Gesetzgeber im Hinblick auf bestimmte tatsächliche Entwicklungen dem Verordnungsgeber die Entscheidung, welche aus einer Reihe möglicher, unterschiedlich weit gehender, Rechteintensiv einschränkender Maßnahmen er seiner Prognose zufolge und in Abwägung der betroffenen Interessen für erfor-derlich hält, hat der Verordnungsgeber seine Entscheidung auf dem in der konkreten Situation zeitlich und sachlich möglichen (vgl. VfSlg. 15.765/2000) und zumutbaren Informationsstand über die relevanten Umstände, auf die das Gesetz maßgeblich abstellt, und nach Durchführung der gebotenen Interessen-abwägung zu treffen. Dabei muss er diese Umstände ermitteln und dies im Verordnungserlassungsverfahren entsprechend festhalten, um eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung zu gewährleisten […]. Determiniert das Gesetz die Verordnung inhaltlich nicht so, dass der Verordnungsinhalt im Wesentlichen aus dem Gesetz folgt, sondern öffnet es die Spielräume für die Verwaltung so weit, dass ganz unter-schiedliche Verordnungsinhalte aus dem Gesetz folgen können, muss der Ver-ordnungsgeber die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände entsprechend ermitteln und dies im Verordnungserlassungsverfahren auch nachvollziehbar festhalten, sodass nachgeprüft werden kann, ob die konkrete Verordnungsregelung dem Gesetz in der konkreten Situation entspricht […]. „
Die schulische MNS-Pflicht wurde daher rechtswidrig verordnet. Für den VfGH war nicht ersichtlich, welche Entscheidungsgrundlagen den Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung geleitet haben, Schülerinnen und Schülern die Verpflichtung aufzuerlegen, in den von der Verordnung genannten Bereichen MNS zu tragen, sowie Schulklassen in zwei Gruppen zu teilen und diese abwechselnd im Präsenzunterricht in der Schule zu unterrichten. Da die angefochtene Verordnung bereits aus formalen Gründen gesetzwidrig und aufzuheben war, setzte sich der VfGH mit den weiteren, inhaltlichen Gründen der Beschwerde nicht weiter auseinander.
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