Ein leicht mulmiges Gefühl vor dem nächsten Besuch bei der Zahnärztin oder dem Zahnarzt? Das kennt fast jeder. Bei manchen Menschen ist das Gefühl jedoch so stark ausgeprägt, dass sie aus Scham oder Angst die Zahnarztpraxis gar nicht erst aufsuchen.
Anlässlich des Weltgesundheitstags der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 7. April macht die Initiative proDente auf das Thema Scham und Angst vor dem Zahnarztbesuch aufmerksam.
„Etwa 10 Prozent der deutschen Bevölkerung vermeiden die Zahnbehandlung so lange, bis der unerträgliche Schmerz die Betroffenen in die Behandlung beim zahnärztlichen Notdienst führt“, erläutert Prof. Dr. Hans-Peter Jöhren, Leiter der Zahnklinik Bochum.
Je länger Betroffene warten, desto schlimmer wird es
Die Vermeidungsstrategie führt häufig dazu, dass sich die Gesundheit von Zähnen und Mund über Jahre stark verschlechtert, häufig begleitet von Schmerzen. Weitere Faktoren wie unzureichende Mundhygiene, zahnschädigende Ernährung mit viel Zucker oder Säuren, Rauchen sowie Drogengebrauch können zur schlechten Mundgesundheit beitragen. Viele Betroffene entwickeln ein extremes Schamgefühl. Sie empfinden ihre von Karies befallenen oder abgebrochenen Zähne als unansehnlich und vermeiden es, sie beim Lachen und Sprechen zu zeigen. Manche Menschen ziehen sich sogar sozial zurück. Das schränkt die Lebensqualität stark ein. Viele schämen sich bereits beim Blick in den Spiegel. Sie finden, dass ihre Zähne schlimm aussehen. Auch der Gang in die Zahnarztpraxis fällt sehr schwer. Den Patientinnen und Patienten ist es peinlich, sich von der Zahnärztin oder dem Zahnarzt und dem Team der Zahnarztpraxis in den Mund blicken zu lassen.
Kranke Zähne und Mund können andere Krankheiten auslösen
Das Dilemma: Notwendige zahnärztliche Behandlungen werden verschleppt. Häufig sind nun aufwändigere Behandlungen notwendig und Zähne nicht mehr erhaltungswürdig, als wenn die Betroffenen frühzeitiger und regelmäßig zur Zahnärztin oder zum Zahnarzt gegangen wären. Ist eine Entzündung im Spiel, lassen sich die Schmerzen während der Behandlung oftmals nicht ausreichend betäuben. Die Patientin oder der Patient sieht sich in den negativen Gefühlen bestätigt. Zudem: Ungesunde Zähne und Mund sehen nicht nur nicht schön aus, sondern können auch krank machen. Bei einer anhaltenden Entzündung, so wie bei einer unbehandelten Parodontitis, können Bakterien aus dem Mundraum über die Blutbahn in den gesamten Körper gelangen. Das kann das Risiko für verschiedene andere Erkrankung wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus erhöhen.
Angst begleitet oft die Scham
Nicht selten ist die Scham vor der Zahnärztin oder dem Zahnarzt auch von einer ausgeprägten Angst vor dem Besuch und der Behandlung in der Zahnarztpraxis begleitet. Selbst bei Zahnschmerzen gehen die Betroffenen aus Angst nicht zur Zahnärztin oder zum Zahnarzt. „Während normal ängstliche Patienten ihren Zahnarzt meistens regelmäßig aufsuchen, gehen Patienten mit einer Angsterkrankung erst dann in die Zahnarztpraxis, wenn der Leidensdruck so stark ist, dass eine Behandlung der Zähne unumgänglich erscheint“, erklärt Jöhren.
Doch woher kommt die Angst vor dem Besuch bei der Zahnärztin oder dem Zahnarzt? Oftmals ist sie bereits im Kindesalter begründet. Die Vorbildfunktion der Eltern spielt hier eine zentrale Rolle. Gehen die Eltern unbeschwert und ohne Angst zur Zahnärztin oder zum Zahnarzt, vermittelt dies auch dem Kind die Sicherheit, den Zahnarztbesuch und eine mögliche Behandlung ohne Angst wahrzunehmen. Zeigen die Eltern hingegen Furcht, überträgt sich diese Angst auf ihre Kinder. Auch andere negative Ereignisse im Kindes- oder Erwachsenenalter bei der Zahnärztin oder dem Zahnarzt, wie z.B. eine schmerzhafte Behandlung, können als traumatische Erfahrung den Grundstein für eine Zahnbehandlungs-Angst legen. Jedoch: Nicht jede Patientin oder jeder Patient reagiert nach schlechten Erfahrungen mit dem Entstehen einer Zahnbehandlungs-Angst. Einige sind anfälliger als andere. Individuelle Eigenschaften spielen hierbei eine Rolle.
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