Olga von Württemberg bleibt durch ihr Engagement für die Schwachen bis heute im Gedächtnis
Eine Pionierin des sozialen Engagements, die bis heute Vorbild ist: Königin Olga von Württemberg (1822 – 1892) ließ sich bei ihren Bemühungen, das Leid der Benachteiligten zu lindern, auch von der Etikette nicht ausbremsen. 2022 jährt sich ihr Geburtstag zum 200. Mal. Aus diesem Anlass wird sie als beeindruckende Markenbotschafterin für Stadt und Land international geschätzt und gewürdigt.
Von Uwe Baltner, Ludwigsburg
Starkes soziales Gefälle und Ungleichheit – das sind Phänomene, die 2022 ebenso beklagt werden wie vor 200 Jahren. Gefragt sind damals wie heute starke Persönlichkeiten, die Veränderungen aktiv einleiten. Wie Königin Olga von Württemberg, deren Einsatz für die Schwachen der Gesellschaft vielerorts in Württemberg bis heute seinesgleichen sucht. Dieses Jahr feiern wir den 200. Geburtstag der Powerfrau.
Königin Olga kam 1822 als Olga Nikolajewna Romanowa zur Welt. Sie war das dritte von sieben Kindern des russischen Zaren Nikolaus I. Sie verbrachte eine glückliche Kindheit in St. Petersburg und genoss eine umfangreiche Bildung. Bereits im Alter von sechs Jahren konnte sie russisch, deutsch und französisch lesen und schreiben. Ihre Interessen waren breit gefächert, sie reichten von Zeichnungen und Aquarellmalerei bis zur Musik.
Heirat mit Kronprinz Karl
Den Winter 1845/46 verbrachte die 23-jährige Olga mit ihrer kranken Mutter Charlotte von Preußen auf Sizilien. Dort wurde sie von Kronprinz Karl von Württemberg besucht. Sie entschied sich bei der Wahl des Ehegatten für Karl, die beiden heirateten 1846. Als Karl 1864 als Nachfolger seines Vaters, Wilhelm I., zum König gekrönt wurde, wurde Olga Königin von Württemberg und blieb es bis zu ihrem Tod.
Bevor die Villa Berg, deren weitläufige Grünflächen Olga besonders liebte, in Jahr 1853 fertiggestellt wurde, wohnte das Königspaar im Neuen Schloss. Olga hielt sich zudem häufig mit ihrer Verwandtschaft im Schloss Solitude auf und richtete sich im Schloss Ludwigsburg eigene Räumlichkeiten ein. Das am Bodensee gelegene Schloss Friedrichshafen wurde in den Sommermonaten ihre zweite Heimat. Am 30. Oktober 1892 starb sie dort im Alter von 70 Jahren. Olga wurde direkt neben ihrem Ehemann in der Gruft im Alten Schloss in Stuttgart beigesetzt.
Das „Olgäle“ und andere soziale Projekte
In Briefen und Berichten von Zeitgenossen wird Olga von Württemberg als gütige und selbstlose Person geschildert, die herausragende Bildung mit Intelligenz, Charme und Schönheit verband. Die Bezeichnung „Sissi von Stuttgart“ drückt die Bewunderung aus, die ihr bis heute entgegengebracht wird. Olga liebte die Menschen und ihre russische Heimat. Für ihre sozialen Projekte nutzte sie ihr Privatvermögen. Damit war und ist sie Vorbild und Symbol für Handeln im Sinne der Allgemeinheit.
Stets selbstbewusst brachte Olga ihre politischen Ansichten in die Diskussionen bei Hofe ein. Gemeinsam mit ihrem Mann König Karl trieb sie den Umbau Württembergs vom Agrar- zum Industrieland voran. Karls Vater Wilhelm I. hatte unter anderem den Bau der Eisenbahn gefördert, hier knüpften Karl und Olga an, bauten Eisenbahnlinien aus und legten so den Grundstein zur Industrialisierung Württembergs. In diesem Zuge entwickelte sich auch die bedeutende Textilindustrie auf der Schwäbischen Alb.
Vor allem aber galt Olgas Engagement sozialen Aufgaben. Diese ging sie gezielt und gut vorbereitet an: Schon mit ihrer Mutter hatte sie regelmäßig Schulen, Klöster und andere soziale Einrichtungen besucht. Noch bevor sie Königin wurde, verschaffte sie sich einen Überblick und ließ sich von verschiedenen Beratern über das Leid verarmter Frau-en und ihrer Kinder informieren.
Bereits 1847 wurde Olga aus diesem Grund Schirmherrin der Stuttgarter Heilanstalt für Kinder: Das Olgahospital wird für gewöhnlich liebevoll „Olgäle“ genannt und ist das bekannteste ihrer sozialen Projekte. Sie ist zudem Namensgeberin für das Karl-Olga-Krankenhaus in Stuttgart. Die Nikolauspflege in Stuttgart, die als eine der größten sozialen Einrichtungen der Region heute blinde und sehbehinderte Menschen im Alltag unterstützt, wurde ebenfalls von ihr gegründet. Sie bot bereits von 1856 an blinden Kindern eine Heimat. Bereits 1853 hatte Olga, damals noch Kronprinzessin, eine Stiftung gegründet. Die finanzielle Unterstützung kam der Einrichtung Karlshöhe in Ludwigsburg zugute. Gegründet 1876 als „Evangelische Brüder- und Kinderanstalt“. Die Stiftung deckt heute im diakonischen Verbund ein breites Spektrum von sozialen Diensten ab, von der Altenhilfe bis zu den Therapeutischen Werkstätten. Olga und Karl übernahmen die Schirmherrschaft über die Einrichtung, die damals noch als Kinderheim diente, wobei Olga von Historikern als treibende Kraft gesehen wird. Nicht zu vergessen: Mariaberg. Sie unterstützte die diakonischen Einrichtung bei Gammertingen, in der bis heute behinderte Kinder betreut und gefördert werden.
Besonderes Augenmerk auf die Jugend
Olga war auch Schirmherrin der Olgaschwestern, denen sie gemeinsam mit König Karl ein eigenes Krankenhaus als Mutterhaus und Ausbildungsstätte finanzierte. Besonders am Herzen lag ihr die Jugend. Sie unterstützte Kinderkrippen, schuf Ausbildungsplätze für Mädchen und gründete 1873 das Olga-Stift, eine Ausbildungsstätte für Mädchen. Heute beherbergt das Stift ein Gymnasium.
Olga, die selbst ausgesprochen kunstaffin war, ließ sich mehrmals von Franz Xaver Winterhalter malen, einem der gefragtesten Porträtkünstler des 19. Jahrhunderts. Die beeindruckenden Gemälde befinden sich heute im Landesmuseum Württemberg im Herzen der Stadt Stuttgart sowie im Schloss Ludwigsburg.
Man muss kein verstaubter Monarchie-Verehrer sein, um die Lebensleistung der württembergischen Königin anzuerkennen. Bei den Themen Gesundheit und Pflege darf Olga als engagierte Vorreiterin gelten, die ihr eigenes Vermögen einsetzte, um konkret zu helfen. 2022 werden ihr 200. Geburtstag und ihr 130. Todestag begangen. Dies sollte Anlass sein, sich zu erinnern und sich inspirieren zu lassen. Von einer Frau, die Zeichen setzte, die bis heute sichtbar sind.
Weitere Informationen zu Königin Olga finden Sie auf www.koenigin-olga.de.
Bilder können angefordet werden. Der Abdruck ist honorarfrei.
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